Was ist eine Aktiengesellschaft?

Um den Begriff einmal kurz zu erläutern: Eine Aktiengesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter Anteile besitzen. Es gibt also eine gewisse Zahl an Aktien und eine gewisse Zahl an Aktionären, die diese Aktien besitzen.

Viele Menschen assoziieren den Begriff „Aktiengesellschaft“ häufig direkt mit der Börse oder gar dem DAX. Allerdings gab es in Deutschland 2021 rund 7800 Aktiengesellschaften, nur 438 deutsche Unternehmen waren 2020 an der Börse notiert (Quelle: jeweils statista), die nichts anderes ist als der Marktplatz, an dem Aktien gehandelt werden. Der deutsche Leitindex DAX umfasst die 40 bedeutendsten Aktiengesellschaften.

Im Fall von Meissner ist die Aktiengesellschaft als Mitarbeiter-AG gegründet worden: Die Aktien wurden zunächst nur an Beschäftigte ausgegeben.

Eine Aktiengesellschaft hat drei Organe: Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand. In der Hauptversammlung haben alle Aktionäre die Möglichkeit, sich intensiv über das Unternehmen und dessen Entwicklung zu informieren und ihre Vertreter für den Aufsichtsrat zu wählen. Der Aufsichtsrat wiederum begleitet die Arbeit des Vorstands, der die Geschäftsführung operativ innehat.

 

Was ist der Unterschied zwischen einer AG und einer GmbH?

Deutlich häufiger als die AG ist im Mittelstand die GmbH, deshalb gehen wir kurz auf einige Unterschiede zwischen den beiden Rechtsformen ein:

Die Gründung einer GmbH ist einfacher und kostengünstiger. Das nötige Stammkapital beträgt 25.000 Euro. In der Regel sind an einer GmbH weniger Personen als Gesellschafter beteiligt und diese wirken direkt in der Geschäftsführung mit.

Für eine AG wird ein Stammkapital von mindestens 50.000 Euro benötigt. Die einzelnen Anteile, also die Aktien, können leichter übertragen werden als die Anteile einer GmbH. Die Anteilseigner (Aktionäre) wirken überwiegend indirekt mit, z. B. indem sie in der Hauptversammlung ihre Vertreter im Aufsichtsrat wählen.

 
Gründung der Meissner AG 1997: Rettung aus der Insolvenz

In den 1990er Jahren war Meissner in eine finanzielle Schieflage geraten. Als dann noch die Zahlung für einen Großauftrag ausfiel, musste das Unternehmen Konkurs anmelden. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Tilman Löffelholz kam damals als Mitarbeiter des Konkursverwalters ins Unternehmen und erinnert sich: „Wir haben Meissner zwei Jahre in der Insolvenz fortgeführt, aber leider keinen Investor gefunden. Es hat sich allerdings in den zwei Jahren gezeigt, dass der Werkzeugbau des Unternehmens eine Daseinsberechtigung hat und überlebensfähig ist.“

So entstand die Idee, für das inzwischen sanierte Unternehmen eine Auffanggesellschaft zu gründen, die von den Mitarbeitern getragen wird. Jeder Mitarbeiter zahlte mindestens 10.000 D-Mark ein, Führungskräfte zum Teil auch etwas mehr. „Die Form der AG haben wir deshalb gewählt, weil es eine relativ große Anzahl von Gesellschaftern war“, erklärt Löffelholz. „Es ist außerdem die Rechtsform, die das ausgewogenste Verhältnis bietet, den Gesellschaftern ein Mitspracherecht zu geben und trotzdem handlungsfähig zu bleiben.“

 
Eine Mitarbeiter-AG im Mittelstand – einmalig in der Region Marburg-Biedenkopf und darüber hinaus

Die Idee, als mittelständisches Unternehmen aus der Insolvenz heraus eine Mitarbeiter-AG zu gründen, war zur damaligen Zeit ziemlich einmalig. In der Folge berichteten auch überregionale Medien über diese Rettungs-Aktion aus Biedenkopf-Wallau. Bis heute gibt es nur wenige AGs mit dieser Unternehmensgröße, die von den Mitarbeitern getragen werden.

Neben der positiven Resonanz gab es zumindest zu Beginn aber auch diejenigen, die die AG-Gründung kritisch begleiteten, wie sich Tilman Löffelholz erinnert: „Der eine oder andere Kunde war schon skeptisch und hat sich gefragt, ob das perspektivisch funktioniert oder ob wir am Ende zum Debattierclub verkommen. Wir sind aber operativ wieder in ruhige Fahrwasser gekommen, sodass unsere Kunden gesehen haben: Das Unternehmen ist wie jedes andere. Wir haben die Skepsis also sehr schnell überwunden.“

 
Herausforderungen bei der Gründung der Aktiengesellschaft

Der formale Akt der Gründung war für Meissner kein Problem, schwieriger dagegen waren die betriebswirtschaftlichen Bedingungen. Gebäude, Ausstattung etc. mussten gekauft, der Investitionsstau beseitigt werden. Dazu kam, dass man in der Branche oft über Monate hinweg in Vorleistung geht. Hier half ein Betriebsmittelkredit mit Landesbürgschaft.

Eine weitere Herausforderung war selbstverständlich, alle Mitarbeiter dazu zu motivieren, in die AG zu investieren. Das konnte nur gemeinsam gelingen, erklärt Tilman Löffelholz: „Ein großes Verdienst hieran hatte der damalige Betriebsleiter Jürgen Wolf, der viel dazu beigetragen hat, dass es gelungen ist, dass die Menschen das Vertrauen hatten. Teilweise mussten sie dafür Kredite aufnehmen oder sich das Geld leihen“.

Ein Unterschied zur heutigen Zeit war, dass das wirtschaftliche Umfeld intakt war, die Probleme von Meissner waren zum großen Teil selbst verschuldet. „Das heißt aber auch: Die meisten Mitarbeiter hätten sofort woanders einen Job gefunden. Deshalb ist es beachtlich, dass sie dann doch investiert haben“, erkennt Löffelholz an.

 
Die Auswirkungen der AG-Gründung auf Meissner

Für das Unternehmen war die Gründung der AG genau die Rettung, die man sich davon erhofft hatte. Meissner erholte sich schnell. Dank der regelmäßig ausgeschütteten Dividenden an die Mitarbeiter hatten die Gründungsaktionäre schon nach einigen Jahren ihre Investition zurück. Bis zu den Krisen der letzten Jahre durch die Veränderungen im Automobilsektor, Corona und den Krieg in der Ukraine hat sich der Wert der Aktie sehr positiv entwickelt.

Gleichzeitig ist das unternehmerische Denken bei vielen Mitarbeitern seit der Gründung der AG ausgeprägter, auch wenn jeder nur zu einem kleinen Teil am Unternehmen beteiligt ist. Außerdem berichten viele Beschäftigte von einem starken Wir-Gefühl.

 
Wie sich die Aktiengesellschaft in den letzten Jahren weiterentwickelt hat

Die Meissner AG wurde zwar als 100-prozentige Mitarbeitergesellschaft gegründet, allerdings fand sich kurz nach der Gründung noch ein Interessent von außen: Dr.-Ing. Klaus Faber erwarb die Sperrminorität (damals 25 % und eine Aktie). In den folgenden Jahren hat Faber seine Beteiligung sukzessive ausgebaut und hält heute ca. die Hälfte der Aktien.

Dr.-Ing. Klaus Faber ist bis heute Aufsichtsratsvorsitzender der Meissner AG. Bis vor Kurzem bestand der Aufsichtsrat aus drei Personen, zwei davon Meissner-Mitarbeiter. Bei der Hauptversammlung im Mai 2023 wurde beschlossen, den Aufsichtsrat auf insgesamt vier Personen zu erweitern, bestehend aus zwei Mitarbeitern, Dr.-Ing. Klaus Faber sowie einem seiner Mitarbeiter.